Kampagne für Entschädigungszahlungen gestartet
15. April 2014 - 13:22 Uhr
Am 24. April 2013 kamen bei einem der größten Fabrikunglücke in den letzten 100 Jahren über 1.100 Menschen ums Leben, mehr als 1.500 wurden bei dem Einsturz des Rana Plaza in Bangladesh zum Teil schwer verletzt. Bis heute weigern sich viele der dort produzierenden Textilunternehmen, in einen Entschädigungsfonds einzuzahlen. Der von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) kontrollierte Fonds war eingerichtet worden, um die Überlebenden und Hinterbliebenen finanziell zu entschädigen. Von den benötigten 40 Millionen Dollar sind bislang jedoch erst 7 Millionen zusammenkommen und das obwohl in dem eingestürzten neungeschossigen Gebäude zahlreiche namhafte Unternehmen ihre Bekleidung für den europäischen und amerikanischen Markt produzieren ließen. Das südostasiatische Land gilt nach China als zweitgrößter Textilexporteur der Welt, etwa 60 Prozent der dort produzierten Bekleidung ist für den europäischen Markt bestimmt.
Als Reaktion auf das Unglück in Sabhar und den darauf folgenden gewaltsamen Protesten in weiten Teilen des Landes hatte die Regierung in der Hauptstadt Dhaka nicht nur die Schließung mehrerer Fabriken angekündigt, sondern gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Seiten der Arbeitgeber und Gewerkschaften auch eine Erhöhung des Mindestlohns beschlossen. Der Lohn für ungelernte Arbeitskräfte stieg von rund 28 Euro auf 50 Euro monatlich, gelernte Näherinnen und Näher bekommen künftig 64 Euro statt 39 Euro im Monat. Die Erhöhung des erst 2010 angehobenen Mindestlohns kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass damit kaum die Jahr für Jahr steigenden Lebenshaltungskosten kompensiert werden können. Zudem befürchten viele Fabrikbesitzer durch steigende Kosten, um ihre Konkurrenzfähigkeit auf dem hart umkämpften internationalen Markt. In dem asiatischen Land arbeiten mehr als 3,5 Millionen Menschen direkt in der Textilindustrie, etwa 20 Millionen Menschen sind direkt oder indirekt von der Textilindustrie abhängig.
Auf Grund der bislang nur schleppend anlaufenden Einzahlungen in den Entschädigungsfonds haben mehrere Initiativen und Gewerkschaften mit einer Öffentlichkeitskampagne anlässlich des ersten Jahrestages zu Aktionen aufgerufen. In Deutschland richtet sich ihre Kritik an Unternehmen wie die Adler Modemärkte, NKD, KiK oder Güldenpfennig. Um ihrer Forderung nach einer „umfassenden und gerechten“ Entschädigung Nachdruck zu verleihen, waren vom 9. bis 11. April mit der Textilarbeiterin Shila Begum und ihrer Gewerkschaftskollegin Safia Parvin zwei Frauen aus Bangladesh auf Einladung mehrerer Initiativen zu Gast in Deutschland. Während ihres Aufenthaltes besuchten sie in Frankfurt am Main, Aschaffenburg und Hamburg u.a. den Hauptsitz von Adler Modemärkte und hoffen, damit den Druck auf die an dem Fabrikunglück beteiligten Unternehmen zu erhöhen.
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Veröffentlicht am 15. April 2014 um 13:22 Uhr von Redaktion in Soziales